Jesaja 55, 1 – 5
Römer 10, 9 – 13
18. September 2016
17. SonntagnachTrinitatis Matthäus 15, 21 – 28
“Kommtzumir,” sohabenwir das Prophetenwortgehört. “Neigt eureOhrenundkommt her zumir! Höret, sowerdetihrleben!” Es isteinRufzum Heil, zumGlück, zum Leben. Ähnlich wie das wohlbekannte Wort Christi: “Kommt alle zumir, die ihrmühseligund beladen seid, undichwerdeeuchRuhe schenken.” Gott ruft den Menschenund der Mensch antwortet. Wie steht das bei uns, die wir hier die Bibelzuverstehensuchen? Wann hat Gottdennangefangen, dichzurufen? Undwannhast du zumersten mal verstanden, dass es Gott war, der dichrief? Es gibt in der Bibel die Geschichtevom kleinen Samuel, der von seiner Mutter ins Heiligtum gebracht wurde, umzueinemDienerGotteserzogenzu werden. Einmal, mitten in der Nacht, hörte er seinen Namen rufen: “Samuel!” Er meinte, es wäre sein Meistergewesen, der Priester, der ihngerufenhatte. Er ging zuihmundfragte, was der alte Mann wünschte. “Nein, Samuel, du irrstdich – war die Antwort –, ichhabedich nicht gerufen.” Samuel legt sich wieder hin, aber das Ereigniswiederholtsich. “Samuel, Samuel!” Erst als Samuel diesenRufzumdritten Mal hörte, verstand es, dass es Gottselber war, der ihnrief. Und er verneigtesichundsprach: “Sprich, Herr, dein Knecht hört!” Wennwir in unsereigenes Leben zurückblicken, kannunsetwasÄhnlichespassiert sein. einefeierlicheStunde, die wir als Kindererfahrenhaben, eineinschneidendesErlebnis, an das wiruns noch lange erinnerthaben, einweises Wort, voneinemliebenMenschengesprochen – es könnensolcheBegebenheiten sein, wodurchzumersten Mal an die TürunsresHerzensgeklopftwurde. “Samuel, Samuel!” Undvielleichtgehörst du zudenjenigen, die danneinesTages verstanden haben, dass es Gott war, der dichrief: “Komm her zumir, höreaufmein Wort, sowirst du leben!” Du standestaufund du gingst. Auf den RufGottesfolgtedeineAntwort. DieseAntwortnennt die Bibel den Glauben. Glaubeist die Antwortauf den RufGottes. Bei dem kleinen Samuel war dies der Anfang, der sein Leben weiterhinbestimmte. Auch bei unsgibt es einenGlauben als Anfang, vielleicht bei der Konfirmationoder noch viel früher, undeinenGlauben, der erprobt, bewährt, gestärktwird; einenGlauben, der reift, wenn der Mensch selberzurReifeheranwächst. AusdemRömerbriefhabenwirheute das Wort gelesen: “Wenn du mirdeinemMundebekennst, dassJesus der Herrist, und in deinemHerzenglaubst, dassihnGottvon den Toten auferweckt hat, sowirst du gerettet werden.” Glaubenmitdem Mund, glaubenmitdemHerzen: die Worte, die du sprichst, und die Gefühle, die du hegst, siegehörenzusammen. “Kommtzumir!” spricht der Herr, und es istfürunseinetäglicheÜbung, dieses Kommen durchzuführen. Es istso, wie Mose es nach der Überlieferung den Israelitengebotenhatte: “NehmtnundieseWortezuHerzenund in eureSeeleundbindetsiezumZeichenaufeure Hand; rede davon, wenn du in deinemHausesitztoderunter-wegs bist, wenn du dichniederlegstundwenn du aufstehst” (5. Mose 11, 18 – 19). Die Worte des Herrn? Der Apostel Paulus beruftsichauf die kürzeste Form des Glaubens-bekenntnisses in der frühchristlichenKirche: “Christus istHerr!” Darinist alles Übrigeeinge-schlossen. Dass der auferstandene Christus Herrdeines Lebens ist – wenn du das mitdemMundebekennstund es vonHerzenglaubst, dannist es gut mit dir. Der Glaubeist die BewegungunsresHerzens, mitdemwiruns die WorteGottesaneignenkönnen.“Kommtzumir,” heisst es imProphetenwort. “Kommtzumir – sagtJesus – alle, die ihrmühseligund beladen seid.” Der Ruf des Herrn gilt allen MenschenkindernohneAusnahme. Paulus sagtdazu: “Es ist hier keinUnterschiedzwischenJudenundGriechen.” Gottes Heil gilt der ganzen Völkerwelt. Und Paulus zitiertdann wieder einProphetenwort: “Wer den Namen des Herrnanruft, der wirdgerettet werden.” Der Apostel ist das lebende Beispiel davon, wie der Ruf Christi ausdemgeschlossenenKreis des jüdischenVolkesheraustritt in die Welt der Völker. Es mussverkündigt werden, alle sollen es wissen!Die GeschichteausdemEvangelium, die wirheutegelesenhaben, von der phönizischen Frau, die Jesus als den Sohn Davids anriefund deren Tochterdaraufhingeheiltwurde, dürfenwir als einbescheidenes Vorspiel betrachten vondem, was dannfolgte. Der Glaubekommt nicht vonselber, er musserweckt werden. UnddieseErweckungkannnur kommen, indem das Wort Christi verkündigtwird. “Verkündigt” soll es werden – UnsereLutherbibelspricht da von “predigen”, richtig;aber das Wort, das Paulus gebraucht, hat noch eineweitereBedeutung. Der Verkündigerist der Herold, der mitTrommelnund Trompeten die guteNachricht in alle Welt ausposaunt. “JesusistHerr, JesusistHerr!” Alle Welt soll es hören, dennnurwer den Rufhört, wirdauchimstande sein, zuglauben. “Wie sollen sieglauben – fragt der Apostel – wenn es ihnen nicht verkündigtwurde?” Was in der Gemeindegeschieht, sollundkannsoetwas wie eineKettenreaktion sein. Das Wort Christi wirdverkündigt, es wirdgehörtund es erweckt den Glauben, aber der Glaubewillwiederumweiter-gegeben werden. Es ist wie das Echo imHochgebirge: EinlauterRuf (!) wiederholtsichweiterundweiter, man kannihn immer noch hören. Soist es mit der Verkündigungvon Christi Herrschaft. Paulus war einer der ersten, die den Ruf schallen liessen. Bald tönte das Echo überallimRömischen Reich, baldwurde es von anderen Verkündigernübernommen: JesusistHerr, JesusistHerr. Hörenwir es nicht auch hier, in Kiew, in unsererKirche? Die Folgerungistklar. Das Wort Christi ist nicht diesenweiten Weg gegangen, um bei unssanfteeinzuschlafen. Wennwir es recht gehörthaben, wird es auchuns wieder zuVerkündigernmachen. Das Wort, das wirmitdem Mund bekennen undmitdemHerzenglauben, wird hier weitergegeben. Vielleichtso, wie Mose es dem Volk hat beibringen wollen: “Rede davon, wenn du in deinemHausesitztoderunterwegs bist, wenn du dichniederlegstundwenn du aufstehst.” Rede davonundlebeaus der Freude, die das Wort dir schenkt. Christi Wort – deineAntwort. Sodürfenwirlebenunter der Herrschaft Christi. Amen.
Klaus van der Grijp