Deuteronomium 26, 1 – 3. 10 – 11
Matthäus 13, 24 – 30
2. Korinther 9. 6 – 15
2. Oktober 2016
19. SonntagnachTrinitatis Erntedankfest
Was unsim Deuteronomium über die Darbringung der Erstlingsfrüchteerzähltwird, passtsonderlich gut zuunsrenGefühlenbeimErntedankfest.WirblickenzurückaufunsreVergangen-heit. Einen langen, mühsamen Weg sindwirgegangen, aber den Segen des Herrnhabenwirerfahren.Undnunbringenwir in Dankbarkeit die SymbolevonGottesSegen in seine heilige Gegenwart.ObstundGemüsesind es, aber es gäbe viel mehr, was wirdahinlegenkönnten.Vieles, was unsreHändegeleistetundunsreHerzenerdachthaben, viele kleine Erfolgeim Leben, wovonwir wissen: Der Herr hat sieunsgeschenkt!Dankbarkeit – In der biblischenTraditionhandelte es sichumErstlingsfrüchte: sobald die Ernteanfing, sollte der ersteErtragdemHerrngeweiht werden.So wie es heute noch jungeMenschengibt, die sagen: “WennicheinmaleinebezahlteArbeitbekomme, kaufeichvomerstenGehalteinschönes Geschenk fürmeineEltern!”
Dankbarkeit – Bei den Judenfeiert man es als schavuót, als das Wochenfest, fünfzigTagenach Pesach, alsoauch noch imFrühsommer.Die Amerikanerfeiernim November ihrenThanksgivings Day, den Tag der Dankbarkeitfür allen Segen, den sieimLaufe des Jahresempfangenhaben.Es ist gut, aufVergangeneszurückzublickenundunsreSegnungenaufzuzählen.Aber in der Bibel hat der Begriff der Ernteauch noch einenganz anderen Sinn.WennwirvomErtragmenschlicherArbeit reden, wirdunsklar, dasseinErtragsich nicht immer soeinfachaufweisenlässt.Das wissen wiraus eigener Erfahrung: Wirhabenuns viel Mühegegeben, wirgebenuns noch immer viel Mühe, aber wo ist der erwarteteErfolg?In einemschönen Psalm (126, 6) wird die Mühemitdem Wort “Tränen” angedeutet.“Die mitTränensäen, werden mitFreudeernten; siegehenhinundweinen, undstreuenihren Samen, und kommen mitFreudenundbringenihreGarben.”Aha! Da handelt es sich nicht umeineErnte, die schonwar, sondernumeineErnte, die noch aussteht, die noch zuerwartenist!
Das GleichnisvomUnkrautunterdemWeizen, das wirheutegelesenhaben, sprichtauchdavon.MenschlicheArbeitistgeleistet worden, sinnvolleArbeit, so wollen wirhoffen.Aber manche Arbeit war auchsinnwidrig, ja manche ArbeitwurdemitschlechterAbsichtgeleistet.Was der eine Mensch aufzubauenversuchte, wurdevomandernmutwilligabgebrochen.Vielleichtsindwirsogarselberbisweilensodummgewesen, unsereguteArbeitzuverderbenund die Ziele, denenwirnachgingen, zuverdunkeln.Darum wirdgesprochenvoneinem Acker, aufdemsowohlWeizen als auchUnkrautwächst.Könntenwir nicht – ja solltenwir nicht – das BösesofortvomGutenunterscheidenund es energischausjäten, es zunichtemachen?“Nein,” sagt der weiseAckermann, “lasst beide miteinanderwachsen bis zurErnte; undum die Erntezeitwillichzu den Schnittern sagen: Sammelt zuerst das Unkrautundbindet es in Bündel, damit man es verbrenne; aber den Weizen sammelt mir in meineScheune.”Da gibt es alsoeineErntezeit, auf die wirgernevorausgreifenmöchten.WirmöchtenjetztschonGutesvonBösemtrennenundunsunsrergutenTaten erfreuen.Wirmöchtenjetztschon das Bösemit Namen nennenundmitdemZeigefingeranweisen, wer Schuld daran hat.Aber es wirdunsgesagt: Habt Geduld! Die Erntezeitist noch nicht gekommen, jemandAndererwirdübereureTaten richten – das ist nicht eureSache.
Die grosse Erntezeit … wannwirdsie kommen?Schon die biblischenProphetenhabendavongesprochen,oftum den Gottlosen das bevorstehendeUrteilanzukündigen, den grimmigen Tag des Herrn.Jesus hat auch in anderemSinndavongesprochen: “Siehe, ich sage euch, hebt eureAugenaufundsehtauf die Felder, dennsiesindreifzurErnte” (Johannes 4, 35). Und: “Die Ernteistgross, der Arbeiterabersindwenige; darumbittet den Herrn der Ernte, dass er Arbeiteraussende in seineErnte!” (Lukas 10, 2)Die Felder, die reifsind – da beziehtsichJesusauf die vielen Menschenkinder, die auf die frohe Botschaft vomKönigreichGotteswarten.Nicht umsonstfällt das jüdischeErntefest, fünfzigTagenachOstern, mitdemchristlichenPfingstfestzusammen.Der Geist des auferstandenen Christus kam über die Apostel, undschonwurden die erstendreitausendSeelenfür den Heiland gewonnen. WelcheineErnte!UndumseineArbeiterzu sein – dazusindauchwirberufen, einjedervonuns, der aus eigener ErfahrungGottesLiebe, GottesGnade, Gottes Trost erfahren hat!Alles, was Gottdichim Leben hat entdeckenunderfahren lassen – das alles bist du berufen, weiterzugeben.EinArbeiter in GottesErnte bist du, wenn du dies alles in Wort undTatdeinemNächstenweitergibst.
So kommen wirdannauchzurDeutung, die der Apostel Paulus für die Erntegibt.Er sammelt bei den Gemeinden in MazedonienfinanzielleUnterstützungfür die notleidendeGemeinde in Jerusalem ein, undbenutztdabeiebenfalls das BildvonSaatundErnte.Dennsozitiert Paulus ein Wort ausdemBuch des Sprüche: “Wer da kärglichsät, der wirdauchkärglichernten, undwer da sätimSegen, der wirdaucherntenimSegen.”“Gebtgrosszügig – soschreibt er – undmitfreudigemHerzen, denn den fröhlichenGeber hat Gottlieb.”Was wirfürunsrenotleidendenGeschwistertun, wirdGottunsvergelten.Man könntemeinen: Soseialso bei Paulus die Kollekte der WeisheitletzterSchluss, wie es in christlichenKreisenauchsozu sein scheint.Auf EnglischgibtesdafüreinwitzigesWortspiel: Pray and pay – “Bete und bezahle.”Wieviel du betest, weissnur der LiebeGott; wieviel du bezahlst, könnenwirzählenundregistrieren.
LiebeSchwesternundBrüder, darübersoll es bei unskeineMissverständnissegeben.UnserKollektengeldist, ebenso wie der Schmuck bei unsermErntedankfest, nureinSymbolvonetwas viel Grösserem: von der Hingabeunseres Lebens für das Gottesreich.Von einerjungeAmeri-kanerin, die ihr Leben dem Dienst des Herrnwidmenwollte, wirderzählt, dasssieimGottesdienstaneinemSonntagmorgeneinmalnebstein paar Dollar einZettelchenauf die Opferschalelegtemit den Worten: Andmyself, ifdeemedworthy– “Undmichselbst, fallswürdigbefunden.”AuchdieserZettel war nureinSymbol, abereinsehrvielsagendes; sie hat dann bis anihrLebensendefür den auswärtigenMissionsdienstgearbeitet.Hier, zumErntedankfest, habenwir in schönemSchmuck die Früchte des Feldesaufgestellt.Aber bedenken wir doch, dassauchdieseDarstellungnureinSymboleines noch viel Grösserenist: Unser Herz, unsern Verstand, unsern Willen dürfenwiraufGottesAltar legen.Hast du das schongetan? Hast du dein Leben bereitswirklichdemgöttlichenMeisterübergeben?Wenn du das tust, dannwird er dir sicher die nächstenSchrittezeigen, die du gehenkannst.
Klaus van der Grijp